408 days

Iiiiiiim Sommer 2011 lernte ich im betrunkenen Kopf, während ich mit Freunden in einer Dönerbude saß (diese Geschichte fängt ja so unheimlich romantisch an) einen Jungen kennen. Eigentlich kannten wir uns schon vom sehen und hören, aber wir haben noch nie miteinander gesprochen und naja, als am 9.August.2011 ein gemeinsamer Freund die Dönerbude betrat, rief ich laut, dass er seine Freunde einpacken soll und mit zu mir kommen, da ich knapp zwei Wochen allein zuhause war und vor lauter Sekt in der Birne nicht klar denken konnte.
Natürlich kamen die vier mit zu mir und es war auch echt ganz lustig, während wir im Wohnzimmer tranken und Blödsinn machten. Irgendwann gegen 4 Uhr wollten drei von ihnen jedoch los laufen, da sie den Abend bei einem Freund verbringen wollten. 
Der Kerl, um den es in den nächsten Zeilen geht, hatte jedoch andere Absichten, als den Abend mit den Jungs ausklingen zu lassen und beschloss spontan, die Nacht bei mir zu verbringen. Nein, ich bin keine blöde Nuss, ich wusste was er vor hatte. Ich bekam auch unendlich viele Anrufe meiner besten Freundin, die mir sagen wollte, dass ich ihn auf keinen Fall bei mir lassen kann. Abwarten und Tee trinken, waren meine Gedanken. Schließlich kann er mich ja zu nichts zwingen. 
Wir lagen also in meinem Bett, haben 'Two and a half men' geschaut und haben miteinander geredet. Was wir für gemeinsame Freunde haben, wie der Urlaub war, aus dem er gerade kam und woher wir uns eigentlich kennen. Er sagte mir, dass er mich hin und wieder mal gesehen hat, aber sich nicht traute, mich anzusprechen. Es war alles ganz..ungezwungen und locker, was in meinen Augen ziemlich an den Mengen lag, die ich getrunken hatte. Dass er schon wieder fast nüchtern war, gestand er mir fast ein Jahr später.
Jedenfalls dachte ich immer wieder an meine beste Freundin. Wir kannten den guten ja schon aus Erzählungen und ich wollte nicht eine weitere blöde Eroberung für eine Nacht sein. Ich war davon überzeugt, dass wenn ich in dieser Nacht nichts mit ihm haben würde, ich auch nichts mehr von ihm hören würde und das alles in Vergessenheit gerät.
So lagen wir da, er, in der Hoffnung mir an die Wäsche gehen zu können, ich, betrunken und voller Überzeugung das ganze nicht zuzulassen. Wir lagen zu zweit auf meinem Kissen, die Decke lag zu unseren Füßen, da wir beide Jeans an hatten. Er ließ sogar sein Hemd UND den Pullover an (in einer August Nacht!), weil er (wie er später zu gab), zu schüchtern war, den Pulli auszuziehen, da das ja aufdringlich wäre.
Der Fernseher lief über den Sleep Timer und irgendwann ging er aus, wir lagen immer noch wach da. Ich muss gestehen, ich weiß nicht mehr genau wie es dazu kam. Seit Jahren bestehe ich darauf, dass das ganze von ihm ausging, er behauptet das Gegenteil. Fakt ist, dass es zu einem Kuss kam. Kein richtiger Kuss. Ein Küsschen. In meinem betrunkenen Kopf drehte sich alles und ich wusste, dass am nächsten Morgen Freunde von mir zum Frühstück kamen, also sagte ich nur leise "Ich bin müde, lass mal schlafen". Sein Arm lag unter meinem Kissen und so schliefen wir auch ein. Für wenige Stunden. Denn ich wusste leider nicht, dass meine Freunde die ganze Nacht unterwegs waren und an einer Tankstelle Brötchen kaufen und mich um 8 Uhr morgens aus dem Bett schellen. Es klingelte also wirklich früh und ich krabbelte zur Tür, drückte sie nur auf und war verwirrt, wer um die Zeit was von mir wollte. Die Jungs kamen rein, und sahen Schuhe im Flur. Taktvoll wie sie nunmal waren, rannten sie zu zweit mit einem Hund und Brötchen unter dem Arm in mein Zimmer, warfen sich auf den armen Kerl in meinem Bett und riefen "Waaaaaaas machst du denn hier?" - das war also der peinliche morgen danach.
Wir hatten irgendwie keine Lust auf Frühstück und nach einem Anruf seiner Mutter ("Ja Mama, habe bei einem Freund geschlafen und komme pünktlich nachhause") standen wir an meiner Tür. Er starrte mich einfach an und ich war wirklich verwirrt, wie man sich in diesem Moment verabschieden soll. Nickte ihm also nur zu und sagte "Ehm..ja..wir sehen uns ja noch" und er sagte nur "Melde dich bei mir, du weißt, wen du nach meiner Nummer fragen musst" und weil mich das so verwirrte, machte ich die Tür zu und räumte das Chaos der Nacht weg. Aber mir ging das alles nicht aus dem Kopf. Wenn er es wirklich so sehr darauf angelegt hatte, mich rum zu bekommen, wieso hatte er sich dann so dämlich angestellt? Ich schrieb also der Person, von der ich wusste, dass sie mir die Nummer geben könnte und meldete mich bei ihm. Wir schrieben 3 Tage, bis er mich auf eine Party ansprach, auf die ich mit einem seiner Freunde gehen wollte. Fragte mich tatsächlich kackendreist, ob ich ihn nicht auch mitnehmen möchte, da er mich gerne sehen würde.
Total überrascht von dieser direkten Frage war ich tatsächlich damit einverstanden und wir trafen uns alle am nächsten Tag, um zusammen zu dem Geburtstag zu gehen.
Es war ein lustiger Abend, wir tranken und lachten viel, es war ein Abend den ich nach wie vor klar im Kopf habe, weil er wirklich wundervoll war.
Kurz bevor er gehen musste standen wir alleine draußen. Es war wie in so einem peinlichen Teenie-Film Moment, als er so da stand und sagte "Ich fände es schön wenn jeder Abend so sein könnte" und küsste mich schon wieder. Jemand rief nach ihm und ich wusste wirklich nicht mehr zu sagen als dass wir doch mal schauen können, wie es wäre, wenn jeder Abend so wäre, da ich die Zeit mit ihm echt toll fand.
Das war der Moment, in dem wir "zusammen kamen" - was niemanden wirklich freute.
Es war ein ziemlich gewagter Schritt, eine Beziehung einzugehen, aber ich bereue es auf keinen Fall. Wir waren betrunken und unheimlich glücklich in diesem Moment und es war richtig. Denn mit jedem Tag, den wir zusammen verbrachten, wurde es schöner. Wir lernten die Eltern des jeweils anderen nach einigen Tagen schon kennen und ich fühlte mich in seiner Familie sehr wohl. Sie waren alle total lieb und lustig und es kam nicht zu peinlichen Scheigeminuten, vor denen man sich beim ersten Treffen fürchtet.
Es waren tolle Monate zusammen, ich lernte viele neue Leute und Dinge kennen und wir waren ein schönes Paar, so blöd das auch klingt. Wir hatten unheimlich viel Spaß miteinander und verstanden uns so gut, es ging den anderen schon richtig auf die Nerven, dass wir meist wussten, was der andere gerade wohl dachte. Die ersten Monate waren also wirklich ein Leben mit rosaroter Brille, ohne viel Stress oder Probleme.
Nur bleibt es in den meisten Fällen nicht dabei. Wir stritten uns immer häufiger, über immer den selben Kram und ich hatte keinen Nerv mehr darauf, immer das selbe sagen zu müssen. Ich wollte eine Pause und die bekam ich auch. In der Zeit lernte ich jemanden kennen, der unsere Beziehung auf eine harte Probe gestellt hat. Auf der einen Seite gab es da den Jungen, mit dem ich den Sommer, Herbst und den Anfang des Winters verbracht habe, der seine Fehler aber nicht einsah, auf der anderen Seite war da jemand, der mir zeigen wollte wie toll ich war und dass ich besseres verdient habe.
Ja, ich machte den Fehler und dachte mir, dass es besser wäre, etwas neues einzugehen. Ja, ich gebe mir die Schuld, für den ganzen Mist der dann folgte denn es war wirklich schwer für ihn ohne mich, da er genau wusste, dass ich nicht allein bin.
Und um mich zurück zu gewinnen, war ihm jedes Mittel recht. Er rief mich immer wieder an, schrieb mir Nachrichten, wollte mich treffen und traf bedauerlicherweise auf seinen 'Rivalen'.
Das ganze führte zu unglaublich viel Stress für mich, da kein Junge es gerne sieht, wenn der ex nach wie vor so eine große Rolle spielt. Die Geschichte mit fand also ein schnelles Ende, aber ich war damit nicht zufrieden.
Ich war nicht damit einverstanden, dass der Junge, der mich so sehr liebte, sich in mein Leben fuschte, obwohl ich Abstand von ihm wollte. Er hatte mich also keineswegs direkt zurück, genoss aber die Freundschaft, die wir zu dieser Zeit führten. 
Weihnachten kam und es ging ihm zunehmend schlechter. Er hing wirklich an mir und ich fühlte mich zunehmend schlechter, ohne ihn.
Also dachte ich darüber nach, mit ihm zu sprechen. Ihm zu sagen, dass wir es versuchen können, vorausgesetzt wir arbeiten an den Problemen, die wir hatten.
Von dem Zeitpunkt an, gab es also wieder ein 'uns' und trotz einiger Unterbrechungen, Dramen, Eifersucht, Betrug und was weiß ich nicht allem, war das letzte Wort bei uns nie gesprochen und wir fanden immer zusammen. Wir standen einander bei, in sehr schweren Zeiten, wir halfen uns immer auf, wenn der andere am Boden war. Ich merkte, wie es ist, in eine neue Familie zu kommen und wie es ist, voll und ganz für jemanden und seine Probleme da zu sein. Wir hatten nie Geheimnisse voreinander, meine Probleme waren seine und umgekehrt. Es gab Nächte, in denen wir nur da saßen und versuchten den anderen zu trösten, weil alles in sich zusammen fiel.
Die Zeit, in der wir uns am meisten Stritten, diese Zeit hat mir gezeigt, was eine Beziehung wirklich ausmachte. Man wächst an seinen Problemen, man kann über alles reden und man muss einander vertrauen können. Andere hielten nicht viel von unserer Beziehung, da es wirklich oft krachte, aber das spielte keine Rolle, nur Menschen die uns nah standen wussten, wie gut wir es hatte, so lange wir zu zweit waren.
Natürlich funktioniert eine Beziehung nicht ewig, wenn man sich ständig die Köpfe einschlägt. Wir haben beide viel gemacht, was letztendlich dazu führen musste, dass wir das ganze beenden mussten.
Aber ich werde die Momente niemals vergessen. Ich möchte das auch nicht, denn egal was andere sagten, er hat mich wirklich komplett verändert. Mich ruhig gestellt und mir gezeigt, wie schön es sein kann, wenn man liebt, vermisst und sich sorgt.
Niemand lief bis jetzt Nachts bis vor meine Tür, um mir zu sagen, dass ich ihm fehle (an dieser Stelle nochmal danke, an das mutigste Mädchen der Welt, dass Nachts einfach mit dem Fahrrad los fährt, weil ich gefährlich krank und unglücklich im Bett liege, aber weine, weil alles irgendwie zu viel wurde), ohne eine Antwort zu erhalten, weil ich die Türe nicht öffnete. Ich habe seitdem wirklich niemanden kennengelernt, der es wirklich so sehr darauf angelegt hat, mich kennenzulernen. Niemand hat mir bis jetzt so viele schöne und hässliche Momente zugleich geschenkt und auch, wenn die letzte Trennung während der Monate im Krankenhaus erfolgte, kann ich nicht nur das schlechte sehen. Ja, er hat mich allein gelassen als ich ihn gebraucht habe. Das hätte ich nie getan. Aber er hat auch viel schönes mit mir erlebt und das kann uns keiner nehmen. Es war eine tolle erste, große Liebe, mit allem was dazu gehört und wenn ich ehrlich bin, würde ich nichts anders machen. Wir waren glücklich und ich hoffe er ist es inzwischen wieder, mit jemand anderem an seiner Seite. 
Die Trennung ist jetzt 408 Tage her und ich kann ehrlich von mir behaupten, dass ich damit abgeschlossen habe. Ich weiß, dass er nicht mehr der Mensch ist, den ich kannte, ich müsste jedoch lügen, wenn ich sagen würde, es ist mir egal was aus ihm geworden ist.
Wir sehen uns nicht, das ändert aber nichts daran, dass ich ihn überall direkt wieder erkennen würde, egal, wie weit weg er ist.
Ich glaube jeder hat diesen einen Partner, der alles verändert hat und für mich waren diese knappen 2 Jahre Beziehung sehr wichtig. Wir sind zusammen gewachsen und haben den Grundstein für neue Beziehungen gelegt. Was wir jetzt daraus machen, bleibt jedem selbst überlassen, aber ich hoffe, es fehlt ihm an nichts und es geht ihm gut, auch wenn er das vielleicht nicht über mich sagen kann.

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