Vielleicht wird alles vielleichter

Sonntag Abend, halb 11. 
Die meisten Mädchen sitzen heulend vor dem Fernseher, während sie die tragische Liebesgeschichte eines Krebskranken Mädchens schauen, dass sich währenddessen unsterblich verliebt und bla bla bla - ich habe keine Ahnung wie das ganze weiter geht, denn nach ca. einer Stunde habe ich den Fernseher aus gemacht. Überfordert. Nicht weil der Film so schön ist, mich die Geschichte berührt oder sonst was. 

Ich war in Gedanken bei mir. Klar, bleibt das bei so einem Film nicht aus, wenn man so eine Vergangenheit hat. Denn für mich gab es in dieser Zeit keinen besonderen Wunsch, den mir irgendeine Stiftung erfüllen wollte, noch einen Jungen an meiner Seite, der mich stärken wollte. 

Nein, irgendwie war bei mir alles echter, härter und in keinem Fall schön und romantisch. Natürlich, war ja auch kein Film sondern leider das echte Leben. 

Menschen kommen und gehen, das habe ich früh genug gelernt und irgendwann ist das auch halb so wild. Dass Menschen dich verlassen, wenn du in der schwierigsten Zeit deines Lebens steckst, ist aber irgendwie eine andere Art der Belastung. Weil du in jeden Menschen um dich herum ein bisschen Hoffnung steckst, dass er dich zum Lachen bringt. 

"gibt nur eins auf der Welt, das ätzender ist, als mit sechzehn an Krebs zu sterben und das ist, ein Kind zu haben, das an Krebs stirbt"

Das ist das einzige, was ich noch von der Stunde Film im Kopf habe. Und es lässt mich nicht los. Denn neben all den Problemen die ich in dieser Zeit hatte, neben den körperlichen und auch allen drum herum, haben meine Eltern und auch meine Schwester immer an meiner Seite gestanden und mindestens genau so gelitten wie ich, wenn nicht sogar noch mehr. Schwer zu glauben, aber zu sehen, wie sich der Mensch, den man liebt quält ist in keinster weise leichter als das selbst durchzumachen. Es sind 2 verschiedene Dinge und doch unfassbar schlimm, im selben Maße. 

Inzwischen ist die letzte chemo 879 Tage her. Mein Körper hat sich super erholt und ich bin ein anderer Mensch, der an vielem gewachsen ist, auch an dem Weg, den ich gehen musste, um hier zu bleiben. 
Ich war immer eine starke Persönlichkeit und auch wenn ich einige Menschen in der Zeit verloren habe, stehe ich hier, stolz sagen zu können, ich habe es ohne euch Pisser trotzdem geschafft. 

So eine Zeit geht an niemandem irgendwie einfach vorbei, es gibt vieles das mir noch schwer fällt und mich zurück versetzt, aber ich sehe es als Ziel, jede kleine Hürde zu meistern. 
Es gibt Stellen an meinem Körper, die mir immer zeigen werden, was ich durchmachen musste und dass es alles ein Teil von mir geworden ist, der mich stark geprägt hat, in meinem Denken aber auch in meinem Handeln. 
Ich versuche mich einfach so zu geben, wie ich momentan bin, will weder Mitleid noch Anerkennung von irgendwem und deswegen bekomme ich oft zu hören, dass man mir das ja nicht ansieht, was ich alles durchgemacht haben muss. Es gab eine Zeit, da war das anders und Gott sein Dank, ist die Zeit vorbei, die Pfunde purzeln und die Haare wachsen. 

Klar, wünscht man sich oft, es wäre anders gekommen. Möchte nicht ständig erklären, woher die Narben kommen oder sonst was. Aber an einem gewissen Punkt muss man akzeptieren, dass es nun irgendwie zu einem gehört. 
Natürlich versuche ich das ganze meist zu vermeiden, indem ich nicht viel von dem zeige, was gezeichnet ist. Trage nicht all zu gerne schulterfreie Oberteile, um dem ganzen ausweichen zu können. Aber auch das muss irgendwann aufhören, weil ich mich für das, was ich bin nicht verstecken muss und weiß, dass es keinen Menschen stört, zu wissen, dass ich so bin wie ich bin, wegen dem was kam, wie es vom Schicksal nunmal so vorher gesehen war. 


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